Grundlagen und Selbstbau geophysikalischer Meßinstrumente

 

Die folgende Seite enthält Informationen rund um das Buch "Grundlagen und Selbstbau geophysikalischer Meßinstrumente", das im Verlag Der Andere Verlag zum Preis von 37.90 EUR erschienen ist (und hier bestellt werden kann :-) ).

Das Buch richtet sich sowohl an Hobbyisten, die selbst Seismometer und Magnetometer bauen möchten, um Erdbeben und Variationen des Erdmagnetfeldes, wie sie in der Folge von Sonnenstürmen auftreten, zu messen, als auch an Studenten der Geophysik und verwandter Fächer, wobei es eher einführenden Charakter besitzt, was die theoretischen Hintergrüde der beobacht- und meßbaren Effekte betrifft, da der Umfang des Buches eine tiefere Behandlung vor allem sehr spezieller Themen nicht zuließ.

An Voraussetzungen werden lediglich ein gewisses Maß an Geschick hinsichtlich Metallverarbeitung, wie sie im Rahmen der Konstruktion einfacher Seismometer notwendig ist, sowie etwas Erfahrung im Aufbau elektronischer Schaltungen erwartet. Alle Instrumente und Schaltungen ( Verstärker, Analog-Digital-Wandler, Magnetometer und viele mehr) sind ausführlich beschrieben, wobei eine Vielzahl von Abbildungen den Nachbau beziehungsweise darauf basierende eigene Weiterentwicklungen vereinfachen.

Grundlagen und Selbstbau geophysikalischer Meßinstrumente

Die Entstehung des Buches "Grundlagen und Selbstbau geophysikalischer Meßinstrumente" ist letztlich auf zwei prägende Erlebnisse zurückzuführen:

  • 1979 erschien in der Septemberausgabe der Zeitschrift Spektrum der Wissenschaft in der wundervollen (und leider schon lange eingestellten) Kolumne "Experiment des Monats" ein Aufsatz mit dem Titel "Seismographen", in welchem ein einfacher Selbstbauseismograph vorgestellt wurde, der auf einen Vorschlag von D. Lehman zurückging.

    Dieser Artikel hatte zur Folge, daß ich begann, mit Horizontalpendeln zu basteln, aber aufgrund des noch recht jungen Alters von 9 Jahren und der eher schlechten Ausstattung des zur Verfügung stehenden Meßgeräteparks führten diese Basteleien zu nicht viel.

  • Im Jahre 2001 fuhren meine Freundin und ich zu einer Konferenz, der FPGA 2001, nach deren Ende wir noch einige Tage mit einem Mietwagen an der Westküste der USA herumfuhren. Unter anderem brachte uns dies auch auf den Campus der University of California, Berkeley, wo wir - durch reinen Zufall - im Keller des geophysikalischen Instituts ein altes Seismometer aus der Zeit um 1900 in einem Glaskasten fanden.

    Diese Entdeckung führte dazu, daß ich mich kaum von dem Glaskasten und dem in ihm befindlichen Instrument losreissen konnte, da mich faszinierte zu sehen, daß man ohne jede Elektronik, nur mit einem invertierten Pendel, einigen Hebeln zur vergrößerten Abbildung der Pendelausschläge sowie einer pneumatischen Dämpfungsvorrichtung ein praktikables Seismometer bauen konnte.

Als wir nach knapp zwei Wochen USA-Aufenthalt nachhause kamen, war eines der ersten Dinge, die ich tat, den mir noch gut in Erinnerung befindlichen Experiment-des-Monats-Artikel herauszusuchen und nach so vielen Jahren wieder zu lesen. Mit den Möglichkeiten moderner Elektronik lassen sich, stellte ich fest, Seismometer mit gar nicht schlechten Leistungsdaten durchaus selbst bauen.

Daraufhin besuchte ich den nächsten Baumarkt, um Aluminiumprofile und andere Metallwaren zu erwerben, die nicht zuhause vorrätig waren. Ich wollte endlich das Instrument aus dem Artikel nachbauen, das mich schon als Kind so begeistert hatte. Das rechtsstehende Bild zeigt den elektrodynamischen Wandler, die seismische Masse sowie die passive Ödäpfung, bestehend aus einer Kaffeetasse, einem Paddel und einigen hundert Millilitern Motoröl (mehr zu diesem ersten Instrument findet sich hier).

Ein Eindruck des
              Lehman-Seismometers
Acht-Kanal-Analog-Digital-Wandler

Nachdem das eigentliche Seismometer fertiggstellt war, stellte sich die Frage, wie eigentlich die damit erhaltenen Meßwerte gesammelt werden sollten. Für erste Tests stand ein alter (und sehr geliebter) HP-Schreiber zur Verfügung - für längerdauernde Messungen war dies jedoch keine Option.

Aus diesem Grunde beschloß ich, einen Mehrkanal-Analog-Digital-Wandler zu bauen, da käuflich erhältliche Wandlerkarten beziehungsweise -systeme entweder sehr teuer waren oder nur eine sehr geringe Auflösung boten.

Die nebenstehende Abbildung zeigt einen Blick in das Innere des Prototypen-Wandlers, der acht Kanäle abtastet und hierbei eine Auflöung von 16 Bit bei einem Eingangsspannungsbereich von +/-5 Volt bietet.

Eines der ersten mit diesen beiden Instrumenten gemessenen Ereignisse ist in der nebenstehenden Abbildung dargestellt - ein Beben der Stärke 7.5 auf der Richter-Skala, das am 17. November 2002 um 04:53:51 UTC auf den Kurilen stattfand.

Fast unnötig zu erwänen, daß mit diesem Ereignis aus reinem Interesse eine wahre Begeisterung für Seismometer im speziellen und Geophysik im allgemeinen wurde.

Im Verlauf der folgenden drei Jahre entstanden mehr und mehr selbstgebaute Seismometer, verbesserte Verstärker, Filter, Software zur Darstellung und Filterung von Meßdaten, Verstärker mit negativer Impedanz für den Einsatz mit kommerziell erhältlichen Geophonen etc.

Neben Seismometern begann ich auch, Magnetometer zu entwickeln, um Änderungen im Erdmagnetfeld nachweisen zu können, wie sie zum Beispiel im Gefolge von Sonnenstürmen auftreten.

Eines der ersten gemessenen Beben
The FGM-3h sensor

Was als zunächst einfache Bastelei begann, wuchs sich mehr und mehr zu einem dreijährigen Bau- und Meßmarathon aus, wie das auf der linken Seite stehende Bild zeigt, auf dem die Meßelektronik zu sehen ist, wie sie im Moment (Juni 2004) im Einsatz ist.

Aufgrund der vielen Probleme und Herausforderungen, auf die ich im Laufe der Zeit stieß (Langzeitdrift hochverstärkender Meßverstärker, digitale Filterung von Meßdaten, Kraftrückführung für Breitbandinstrumente, etc.), begann ich recht früh, die wichtigsten Dinge, die mir hierbei auffielen, zusammenzuschreiben.

Im Laufe der Zeit entstand aus einer Sammlung kurzer LaTeX-Fragmente ein immer zusammenhängenderer Text, der den Grundstock für das Buch bildete.

Den letzten Ausschlag zum Schreiben eines ganzen Buches bildeten einige Besuche in geophysikalischen Instituten und Gespräche mit Dozenten und Forschern in diesem Bereich, da mir auffiel, daß es eigentlich für den Hobbyisten wenig Literatur zu diesem Bereich gibt, was sehr schade ist, da es ein herrlich befriedigendes Gebiet ist, lassen sich doch mit verhältnismäßig geringem Aufwand viele Informationen über die innere Struktur der Erde und vieles andere mehr gewinnen.

Im folgenden werden kurz die einzelnen Kapitel des Buches vorgestellt, um einen Einblick in die behandelten Themen und den Aufbau des Buches zu geben. Da es sich an Hobbyisten wendet, werden keinerlei Vorkenntnisse im Bereich der Geophysik oder Seismologie vorausgesetzt - alle notwendigen Hintergrundinformationen zu den Instrumenten, Meßmethoden, etc. werden behandelt, bevor tatsächlich Selbstbauinstrumente vorgestellt werden.

Alle Instrumente wurden erfolgreich gebaut und befinden sich zum größten Teil seit Jahren im Einsatz, wobei sie durch große Stabilität und Empfindlichkeit auffallen. Alle Bauanleitungen sind reich bebildert und die Schaltungen sind in der Regel leicht nachbaubar.


Inhaltsübersicht
Geschichtliches: Dieser erste Abschnitt behandelt überblicksartig die geschichtliche Entwicklung der Seismologie - sowohl im Hinblick auf Theorien zur Entstehung von Erdbeben als auch im Hinblick auf die Entwicklung der Meßtechnik.
Die Entstehung seismischer Ereignisse: Im Anschluß an den kurzen geschichtlichen Abriß behandelt dieser Abschnitt die Hintergründe der Entstehung sowohl natürlicher als auch künstlich ausgelöster seismischer Ereignisse.
Seismische Wellen: In der Folge werden die wichtigsten verschiedenen seismischen Wellen - Raumwellen, Oberflächenwellen - sowie grundlegende Mechanismen der Wellenausbreitung - Reflexion und Refraktion - vorgestellt, wobei auch die Wege seismischer Wellen durch die Erde beziehungsweise entlang der Erdoberfläche behandelt werden. Auch Magnitudenskalen sowie das seismische Moment sind Themen dieses Kapitels.
Die Messung seismischer Wellen: Im weiteren werden hier die physikalisch-technischen Grundlagen der Messung seismischer Wellen dargestellt - beginnend bei grundlegenden Betrachtungen über die Bandbreite von Meßinstrumenten, über die wichtigsten technischen Ausführungen von Seismometern bis hin zu den wichtigsten Wandlertypen (elektrodynamische Wandler, LVDTs, kapazitive Aufnehmer, optische Aufnehmer, Piezoelektrische Aufnehmer und MET-Transducer).
Grundlagen der Analog-Digital-Wandlung und Datenerfassung: Dieser Abschnitt behandelt die Grundlagen der Konversion analoger Meßdaten in eine digitale Darstellung, wie sie benötigt wird, um eine Weiterverarbeitung mit Hilfe eines Computers zu ermöglichen. Gegenstände dieses Kapitels sind neben dem Abtasttheorem Filtertechniken, die Dimensionierung von Filtern, die Wahl der Abtastfrequenz des Wandlers sowie die wichtigsten AD-Wandlerprinzipien.
Ein einfaches Lehman-Seismometer: Nach den vorangegangenen vorbereitenden Abschnitten wird in diesem Kapitel das erste einfache Selbstbauinstrument - ein Lehman-Seismometer vorgestellt.
Ein Verstärker für induktive Aufnehmer: Um die winzigen Ausgangssignale des Lehman-Seismometers weiterverarbeiten zu können, müssen sie um Größenordnungen von etwa 100000-fach verstärkt werden, was aufgrund der wünschenswerten DC-Kopplung des Verstärkers nicht ganz trivial ist. Ein entsprechender Verstärker mit ausgesprochen geringer Drift, der auch (und gerade) für sehr große Meßperioden entwickelt wurde, wird hier vorgestellt.
Eine Stromversorgungseinheit: Bedingt durch die hohe Maximalverstärkung des Verstärkers für induktive Aufnehmer kommt der Stromversorgungseinheit eine wichtige Rolle zu, da sie keinesfalls Einstreuungen in die nachfolgenden Baugruppen verursachen darf - ein solches Netzteil ist Gegenstand dieses Abschnittes.
Ein einfaches Vertikalseismometer: Nachdem mit Hilfe des zuvor vorgestellten Lehman-Seismometers eine Horizontalkomponente seismischer Wellen erfaßt werden kann, wird in diesem Kapitel ein ausgesprochen einfaches Vertikalseismometer vorgestellt.
Ein Shackleford-Gundersen-Seismometer: Im Gegensatz zu den beiden bislang beschriebenen Seismometern handelt es sich bei diesem Instrument um ein Gerät mit aktiver Däpfung und - je nach Dimensionierung - extrem geringer Eigenperiode, das allerdings auch deutlich komplexer in seiner Konstruktion als die anderen Instrumente ist.
Geophone: Da mitunter kommerziell gefertigte Geophone verhältnismäßig preiswert erworben werden können, widmen sich die folgenden Abschnitte diesem Instrumententyp.
Ein Drei-Kanal-Geophonverstärker: Als Beispiel für einen Geophonverstärker wird in diesem Kapitel ein Dreikanalverstärker mit stufenloser und gleichlaufender Verstärkungseinstellung aller Kanäle vorgestellt.
Ein Geophonverstärker mit negativer Impedanz: Werden induktive, d.h. elektrodynamische Wandler an einem Verstärker mit negativer Eingangsimpedanz betrieben, kann durch diesen eine aktive Dämpfung auf die seismische Masse des Instrumentes ausgeübt werden, was mit einer Vergrößerung der Eigenperiode des Instrumentes einhergeht, so daß mitunter auch sehr preiswerte Instrumente für die Detektion teleseismischer Ereignisse eingesetzt werden können. Ein solcher Verstärker ist Gegenstand dieses Abschnittes.
Das Erdmagnetfeld: Einem anderen geophysikalischen Phänomen, dem Erdmagnetfeld sowie den äußeren Einflüssen auf dasselbe widmet sich dieses Kapitel.
Magnetometer: Nach den vorangegangenen grundlegenden Betrachtungen rund um das Erdmagnetfeld behandeln die folgenden Abschnitte zunächst eine Reihe von Methoden zur hochauflösenden Messung des kleinster Schwankungen (im nT-Bereich) des Erdmagnetfeldes, um anschließend ein Selbstbaumagnetometer vorzustellen, mit dem ohne weiteres die Auswirkungen von Sonnenstürmen auf das Magnetfeld der Erde detektiert und untersucht werden können.
Ein Mehrkanal-A/D-Wandler: Zur Aufnahme der mit Hilfe der Seismometer aus den vorangegangenen Abschnitten gewonnen Meßdaten in einen Rechner zur Speicherung, Filterung und Darstellung, wird ein hochauflösender Analog-Digital-Wandler benötigt, wie er in diesem Kapitel vorgestellt wird.
Datenerfassung und -aufbereitung: Nach erfolgter Umwandlung der Meßwerte müssen diese nicht nur gespeichert, sondern auch gefiltert und dargestellt werden, wofür ein Reihe kleinerer und größerer Programme entwickelt wurden, die Gegenstand dieses Abschnittes sind.
Aufbau einer Meßstation: Den Abschluß bilden einige grundlegende Überlegungen und Erfahrungsberichte rund um den Aufbau einer Meßstation, die kontinuierliche Messungen über einen längeren Zeitraum ermöglicht.

Downloads: Beispieldaten und Quellcodes
MAGNETOMETER.ASM Das Steuerprogramm des Fluxgate-Magnetometers für den dort eingesetzten Microcontroller 68HC11.
AD_CONVERTER.ASM Das Steuerprogramm des Analog-Digital-Wandlers.
GATHER_AD.C Ein kleines Programm, um Daten, wie sie der Analog-Digital-Wandler liefert, über eine serielle Schnittstelle in einen Rechner einzulesen.
QUAKE2WAV.C Ein einfaches Beispielprogramm, um seismische Meßdaten in Wave-Files zu konvertieren, um so seismische Ereignisse hörbar zu machen. Ein Beispiel für ein solches Wavefile findet sich hier: RUSSLAND_20020628.WAV (~450kB). Erzeugt wurde es mit Hilfe der Meßdaten (~2.8MB) des Lehman-Seismometers, wie sie in der Folge eines großen Bebens am 28. Juni 2002 in Rußland erfaßt wurden.
STK.ZIP (~1MB) Das Seismic-Toolkit (STK).

Online-Daten
Stündliche Meßdaten der Seismometer: http://fafner.dyndns.org/~ulmann/cgi-bin/seismic_online.com
Tägliche Heliplots des Lehman-Seismometers: http://fafner.dyndns.org/~ulmann/cgi-bin/seismic_daily.com
Stündliche Meßdaten des Fluxgate-Magnetometers: http://fafner.dyndns.org/~ulmann/magnetometer_online/
Aktuelle seismische Informationen der USGS, der United States Geological Survey: http://neic.usgs.gov/neis/bulletin/bulletin.html

 

 

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15-JUN-2004